AKW-Träume auf dem Prüfstand
Als die Nagra 2022 den Standort Nördlich Lägern für das Tiefenlager wählte, dachte ich, dass es um Atomenergie im Weinland ruhig werde. Der Leserbrief vom 17.12.2024 greift das AKW-Thema auf und glaubt darin ein Vorbild für demokratische Mitwirkung zu haben. Beim Tiefenlager werden aktuell die Standorte mit zwei Rahmenbewilligungsgesuchen RBG (eines für das Tiefenlager und eines für die Verpackungsanlage) beantragt. Ist die Prüfung der RBGs in etwa drei Jahren abgeschlossen, folgt die öffentliche Auflage. Gegen 2030 wird der Standort vom Bundesrat und Parlament in einer Verordnung festgelegt. Dieser Entscheid untersteht dem fakultativen Referendum, welches am 15. November 2024 bereits angekündigt wurde.
Das nationale Referendum ist das einzige demokratische Recht im Prozess der Standortsuche für das Tiefenlager. Erst danach folgt die Baueingabe, die Umweltverträglichkeitsprüfung UVP, die nukleare Betriebsbewilligung (mit nuklearen Schutzkriterien) usf. – alles ohne demokratische Mitwirkung.
Die Energieversorgung der Schweiz ist eine nationale Aufgabe und die Kantone leisten ihren Beitrag. Wer ein Vetorecht der Gemeinde verlangt, der darf gerne mit den Demokratierechten in der Atomenergie vergleichen. Die lokale Mitbestimmung wurde bereits früher für AKWs und später nach den mehrfachen NEIN zum Wellenberg in Nidwalden für Tiefenlager ausgeschlossen. Windräder sind im Vergleich harmlos und strahlen weder tödlich für mehrere Jahrtausend noch drohen sie in einem GAU zu enden.
Dass AKWs billigen Strom liefern, ist ein Märchen. Axpo Chef Christof Brand stellt sich aus wirtschaftlichen Gründen gegen neue AKWs. Denn die aktuellen Energiepreise würden Investitionen und Betriebskosten nicht decken. Es würde sich erst rechnen, wenn der Bund mit Milliarden den Bau unterstützt. Ob je Milliarden für neue AKWs fliessen, bleibt offen. Sicher ist, dass der Solarstrom sehr günstig eingekauft wird. Damit erscheint der Atomstrom als Preistreiber und die Schweiz würde zur europäischen Hochpreisinsel.
Der aktuell jährliche Zubau von Photovoltaik PV bringt einen Kapazitätsausbau im Umfang des stillgelegten AKW Mühleberg. Mit einem zügigen Ausbau der PV wären bereits in 10 Jahren alle AKWs im Sommer überflüssig. Zudem wäre sichergestellt, dass die Stauseen im Herbst randvoll gefüllt sind. Wir brauchen Strom aus den Stauseen für den Winter, denn PV-Anlagen liefern im Winter nur einen Drittel ihres jährlichen Stroms.
Weil die Windenergieanlagen WEA zwei Drittel ihres Stroms in den windreichen Wintermonaten liefern, liegt ihr Vorteil als Winterenergie auf der Hand. Und die bisher 41 WEAs in der Schweiz haben 2023 rund 15% mehr Energie als erwartet geliefert (Total 168.5 GWh). Mit ihrer Jahresleistung versorgten sie 153‘000 Personen mit Strom, was die Einwohnerzahl von Lausanne übertrifft (Quelle: Suisse Eole). Seit 2024 kommen sechs ertragsstarke WEA mit 22 GWh im Kt. Waadt dazu.
In der Schweiz sind Wasserenergie, erneuerbare Energien, aber auch fossil erzeugter Strom (Gas) und Atomstrom mit Subventionen (oft bei Investitionen) vergünstigt. Wollen wir weniger Subventionen, dann verzichten wir auf Atomstrom. Der ist teuer, kommt zu spät, frisst Subventionen für erneuerbare Energien und schafft eine tödliche Gefahr für Tausende Generationen nach uns. Die AKWs rechnen sich nicht!
Thomas Feer, Präsident GRÜNE Weinland, Stammheim
Leserbrief erschienen am 7. Januar 2025 in der Andelfinger Zeitung